Konferenz am 31. Mai 2011, 19Uhr, im Cerclecité, Dipl. Bauingenieur Hermann Blumer, ETH Zürich /SIA, im Rahmen des internationalen Jahr der Wälder 2011 durch die UNO, unter der Schirmherrschaft des Grossherzogs
Der Referent zeigt an 4 ausgeführten Bauwerken wie das als nicht mehr Machbare bezeichnete doch noch in Schwung gebracht werden konnte. Zusammen mit 4 europäischen Unternehmungen musste beginnend in der Antarktis über Deutschland nach Frankreich und Korea auf mehreren Ebenen Aussergewöhnliches geleistet werden. Zu diesen Ebenen gehörten technische, terminliche, methodische und ökonomische Spitzenleistungen.
Bemerkenswert war der Umstand, dass sich am Ende immer der Baustoff Holz in der Lösungsfindung als Gewinner herausschälte. Die multifunktionalen Eigenschaften dieses Baustoffes zusammen mit neuen Verbindungstechniken und der bekannten guten Bearbeitbarkeit führten zur Wahl von Holz.
Die vor allem seit dem Millenniums-Wechsel neuartigen architektonischen Entwürfe, häufig in freier dreidimensionaler Form, zwingen die Holzbauingenieure und Holzbauunternehmungen zum kreativen Planen und innovativen Umsetzten. Möglich oder nicht möglich ist oft die Fragestellung am Anfang. Ist Holz der geeignete Baustoff oder soll Holz im Verbund mit anderen Baustoffen auftreten, auch das muss beantwortet werden. Dank der mit Hilfe über Computersoftware erleichterten Planung und der CAM-unterstützten industriellen Fertigung von Holz haben sich zweifelsohne die Grenzen der Machbarkeit verschoben. Was noch vor 10 Jahren als kaum denkbar galt, kann heute verwirklicht werden.
Fast unglaubliche Holzbauprojekte an der Grenze des Machbaren sind die Spezialität des Ingenieurs. Das Zusammenbringen zweier Dinge, nämlich Beobachtungen in der Natur mit der Technik sind oft der Auslöser für etwas Neues, gab sich Hermann Blumer überzeugt und untermauerte dies mit aufsehenerregenden Beispielen. Er sprach über die gedanklichen Hürdenläufe, die bei so schwierigen Projekten wie beim Centre Pompidou in Metz F anfangs unüberwindbar scheinen und die dann doch gemeistert arden, indem die Natur als Vorbild dient und eine professionelle Mannschaft mitwirkt.
Engpass Zeit meistern
«Das Umsetzen eines derart komplexen Entwurfs bis zum fertigen Werk wie beim Centre Pompidou ist eine schöpferische Tätigkeit», sagte Blumer. Die Aufgabe bestehe darin, einem System eine geforderte Funktion, Form und Sicherheit zu geben. Dabei setzt der Ingenieur sein Wissen, seine Erfahrung und seine Werkzeuge ein, er muss den geeigneten Baustoff evaluieren und dessen Stärken gekonnt ins Spiel bringen. Ein Engpass bei der Entwicklung eines Systems ist meist die Zeit. Die Planungsarbeiten befinden sich aufgrund ihrer Komplexität bereits vorgängig im Rückstand. So muss sich der Ingenieur in der Praxis mit Lösungen zurechtfinden, deren Optimierungsprozesse partiell noch laufen, obwohl bereits Massgebendes freizugeben und ardentive zu verantworten ist. Alle Beteiligten seien bei der Umsetzung des Centre Pompidou, so Blumer, auf ihre Art aufs höchste gefordert gewesen. Sei es bei den vorausgehenden Versuchen, während der Herstellung wie auch im Montageprozess, laufend waren neue Lösungsansätze gefordert.
«Am wertvollsten war die auf Toleranz ausgerichtete Zusammenarbeit mit ergiebigen gegenseitigen Synergien», meinte der Ingenieur. Die Wirkung der Architektur dieses einzigartigen Gebäudes beruht vorwiegend auf dem 8000 m2 grossen mit einer transluziden Membran versehenen Dach, dem ein japanischer Strohhut als Ideengeber diente und das aus Holzstäben besteht. Hermann Blumer bestimmte die Flächengeometrie für die Holzstruktur und berechnete die Vorstatik mit den notwendigen Verbindungen. Auch an der Holzbaustatik war Hermann Blumer massgeblich beteiligt.
Herausforderung Freiformen
Ein weiteres spektakuläres Bauwerk bekamen die Zuhörerinnen mit dem Golf-Klubhaus im südkoreanischen Yeoju geboten. Hier wurde der Baum als Vorbild für eine stabile Technik genommen. Auch bei diesem Bauwerk diente das Anzapfen von genialen Strukturen in der Natur dem Projekt. Für die Dachkonstruktion des 76 m langen Golfhauses wurde eine aussergewöhnliche Form gewählt. Das Tragwerk bildet eine baumartige Stützenstruktur mit einer aufgesetzten Krone in der Bauart einer Korbstruktur oder eines Geflechts. Auch bei diesem Projekt verlangten die Freiformen den beteiligten Ingenieuren um Hermann Blumer und von Blumer-Lehmann, Gossau, viel Know-how ab. Alle diese Projekte wie auch der «Gecko» für den deutschen Autohersteller Wiesmann in Dülmen und die belgische Antarktis-Station «Princess Elisabeth», so Blumer, bewegten sich an der Grenze des Machbaren, «konnten aber so beendet arden, dass auch der finanzielle Aspekt nie beklagt wurde». Bei allen – bei Wiesmann der Gecko, für die Station die Pinguine – gab es für den Entwurf Vorbilder aus der Natur.




