Im Mittelpunkt dieses Bandes von ‚Mutations‘ steht die Frage nach dem Verhältnis von Stadt und Universität. Diese Frage war auch Leitmotiv der internationalen Konferenz „Villes universitaires : un espace de développement économique et humain“, die im Oktober 2009 in Esch-sur-Alzette stattfand. Der Tagungs-ort war keineswegs zufällig das RBC-Dexia-Auditorium in Belval – Belval ist schließlich der Standort, an dem in wenigen Jahren die Universität sowie weitere Forschungseinrichtungen ihre neue Heimat fnden werden, in der Cité des Sciences, vor der Kulisse eines raumgreifenden, ambitionierten städtebaulichen Großvorhabens.
Dieser Band dokumentiert die Vorträge, die auf dieser Tagung von den Vertreterinnen und Vertretern von Universitäten, Gemeinden und Unternehmen gehalten wurden. Stadt und Universität – das ist Verheißung und Herausforderung zugleich. Verheißung deshalb, weil Wissen und Forschung heute als Rohstoff der Zukunft gelten und sich viele Städte beziehungsweise Regionen auf den Weg der Wissensregion machen, sich davon dauerhaft Erfolg versprechen. Herausforderung deshalb, weil dieses Versprechen bei weitem nicht in jedem Fall einlösbar ist. „Wissensstädte“ oder „–regionen“ lassen sich nicht automatisch generieren. Viele konkurrieren um diesen Status und
die davon erhofften Effekte, nicht alle werden erfolgreich sein. Herausforderung auch deshalb, weil wissensintensive Institutionen, Unternehmen und Erwerbstätige – so sagt es zumindest die Theorie – attraktive, urbane Räume nachfragen. Das Großherzogtum, die Gemeinden Esch und Sanem, der Standort Belval werden mit dem Anspruch konfrontiert, nicht nur den neuen Campus mit Leben zu füllen oder ganz praktische Probleme zu lösen (z. B. gute, stadtverträgliche Erreichbarkeit), sondern auch das passende Umfeld für die Wissensgesellschaft zu schaffen, etwa bei Wohnen und Kultur, Freizeit und Lebensqualität.
Die Universität Luxemburg hat nicht nur als künftige Nutzerin des Campus ein vitales Eigeninteresse an einer gedeihlichen Entwicklung in Belval. Das Vorhaben ist zugleich Labor für die Stadt- und Raumforschung, denn wo sonst lässt sich Neues in diesem Maßstab in situ studieren? Aus diesem Grund hat die Arbeitsgruppe für Geographie und Raumplanung der Fakultät für Humanwissenschaften den Vorschlag gemacht, ein „Observatoire Belval“ einzurichten – eine Plattform für den Austausch von Wissen. Sie soll zum einen die Entwicklung und Ausstrahlung des neuen Standorts in sein Umfeld verfolgen, zum anderen entsprechende Erfahrungen aus anderen Regionen (mit Planungsvorhaben dieser Größenordnung, im Umgang mit dem Thema ‚Wissen‘) aufarbeiten und den hiesigen Akteuren zur Verfügung stellen. Seit Anfang 2010 arbeiten wir daran, Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft, Gemeinden und Staat, Raumplanung und regionalen Kooperationen hierfür zusammenzubringen.
Die Realisierung solch großer Planungsvorhaben wie Belval ist bei allen Beteiligten zwangsläufg mit Herausforderungen, Risiken und Irritationen verbunden. Dies ist aufgrund von Größe, Kosten und Laufzeit der Projekte immanent. Viele Konfikte (wenn auch nicht alle) sind nicht vorhersehbar und daher praktisch unvermeidbar. Dabei sollte aber immer bedacht wer-den, dass sich Luxemburg und seinen Regionen hier die Chance für einen großen Sprung in die Zukunft bietet. Die Erfahrungen anderer Städte im Umgang mit Universitäten, Forschungszentren und Wissensclustern sowie im Management großer Stadterweiterungen, Infrastrukturprojekte et cetera liefern dabei wertvolle Anschauung, wie ein solcher Sprung gelingen kann.
Die Leserinnen und Leser dieser Ausgabe von ‚Mutations‘ können sich hier aus erster Hand über Strategien und Probleme in der Realisierung solcher Vorhaben informieren. Die Erfahrungsberichte von Hochschulen aus den Partnerstädten wie Köln oder Coimbra, die Forschungsergebnisse aus Wallonien oder Nordfrankreich oder
die Einschätzungen wichtiger Akteure vor Ort zeugen von der thematischen Vielfalt und Komplexität der entsprechenden Herausforderungen. Indem wir sie aktiv kommunizieren, steigen die Chancen, das Projekt Belval als öffentliche Sache im besten Sinne weiter voranzubringen.
Einleitung; Markus Hesse
Editeur / Herausgeber
Fondation Bassin Minier
c/o Chambre de Commerce, L-2981 Luxembourg
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ISSN 2078-7634; Mutations 2 est en vente libre au prix de 15 € .




