Weltrekorde an der Autobahn-Faszination Stahl_

Die an Stahlseilen hängende Brücke, rund 100 Kilometer nördlich von Montpellier gelegen, sprengt alle Dimensionen. Sie überspannt das Tal des Tarn auf 2.460 Meter Länge, die Fahrbahn liegt in 270 Meter Höhe über dem Fluss. So hoch wie bei keiner anderen Brücke der Welt. Und der Hauptpylon der Brücke, an dem die Fahrbahn aufgehängt wird, erreicht eine Höhe von 343 Meter – 19 Meter höher als der Eiffelturm. Noch ein Weltrekord. Schon heute spricht der Michelin-Reiseführer von „pharaonischen Ausmaßen“ und nennt das Projekt den „Pont du  Gard des 21. Jahrhunderts“. Doch im Gegensatz zu der antiken Brücke aus dem 1. Jahrhundert wird das neue Weltwunder nicht mit Steinen und Mörtel, sondern im Wesentlichen aus Stahl gebaut. „Die Konstruktion folgt den jüngsten physikalischen Erkenntnissen. Sie ist feingliedrig, transparent und nutzt ein Minimum an Material, wodurch die Konstruktion der Brücke weit günstiger wurde“, schwärmt Architekt Lord Norman Foster.

Lord Foster und Eiffel entschieden sich für die gegenüber der Betonbauweise elegantere und erheblich leichtere Form einer Schrägseilbrücke aus Stahl: „Für uns war die Leichtigkeit der Konstruktion ein wesentlicher Faktor“, erklärt Jean-Paul Gerner, Technischer Direktor für den Stahlbau. „Die Stahlkonstruktion reduzierte vor allem das Eigengewicht der Brücke. Wäre die Brücke in Beton gebaut, hätte die Fahrbahn mit 44 Seilen je Pylon abgespannt werden müssen, in Stahl reichen 22.“ Ein Vorteil, den auch Rainer Saul hervorhebt, einer der führenden Brückenkonstrukteure in Deutschland. „Stahlbrücken haben ein geringes Eigengewicht, man braucht sie nicht einzuschalen und spart dadurch Zeit.“ Besonders bei großen Hängebrücken sei das Eigengewicht ein ganz maßgeblicher Faktor. Insgesamt 154 Stahlseile an sieben Brückenpfeilern halten die Fahrbahn. Dass dreieinhalb Jahre Bauzeit reichen, liegt auch am hohen Anteil vorgefertigter Teile: Die Stahlbleche, aus denen die eigentliche Brücke zusammengebaut wird, werden im saarländischen Dillingen gewalzt und dann per Schiff zur Vormontage ins elsässische Lauterbourg am Rhein gebracht.

„Dort werden die Bleche zu größeren Einheiten verschweißt und per Lkw nach Fos- sur-Mer in Südfrankreich gebracht, wo sie dann zu noch größeren Einheiten vormontiert werden“, erklärt Falko Schröter, kundenbetreuender Ingenieur beim Stahlproduzenten. Mit riesigen Spezialtransportern gehen die Elemente dann über 100 Kilometer auf die Fahrt nach Millau. Auf den Hochplateaus des Col d’Engayresque und Causse de Sauveterre werden die einzelnen Stücke zu 32 Meter breiten, 4,20 Meter hohen und 351 Meter langen Fahrbahnsegmenten zusammengefügt. Sieben davon bilden die gesamte Fahrbahnkonstruktion – 36.000 Tonnen Stahl. Riesige Hydraulikzylinder schieben die Fahrbahn inklusive der daran festgeschweißten Pylone und Stahlseile von den Bergkuppen aus auf die Pfeiler. Dieses Verfahren hat große Vorteile, schildert Direktor Gerner: „90 Prozent der Arbeiten finden dank dieser Bauweise auf dem Boden und nicht in gefährlicher Höhe statt.“ Nebeneffekt der Stahlkonstruktion: Im Vergleich zur Betonlösung mit ihrem hohen Bedarf an Sand, Kies und Zement konnten rund 5.000 Lkw- Fahrten eingespart werden.

Nicht nur die französischen Autofahrer sehnten den Januar 2005 herbei, bis die Brücke für den Verkehr freigegeben wurde. Sie ist Teil der Autobahn Méridienne zwischen Clermont-Ferrand und Béziers/ Montpellier und erspart den Autofahrern die Quälerei durch die Tarnschlucht und Staus, die im Hochsommer leicht 50 Kilometer erreichen. Die Fahrt ans Meer wird zudem 100 Kilometer kürzer. Über einen Brückenzoll von sechs Euro will die Eiffage die Baukosten von rund 300 Millionen Euro wieder erwirtschaften. Dafür hat sie 75 Jahre Zeit – bis die Brücke Eigentum des französischen Staates wird. Der kann allerdings selbst dann noch mindestens 45 Jahre mit dem Stahlgiganten Geld verdienen. Denn der Hersteller Eiffage garantiert der Brücke ein langes Leben: mindestens 120 Jahre.

Quelle: www.faszination-stahl.de

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