Wird Holz als nachwachsender Werkstoff das Baumaterial der XXI. Jahrhunderts?
In der heutigen Zeit, in der ökologische Überlegungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, kann der Werkstoff Holz vor allem unter dem Aspekt der CO2 Emissionen und energetischer Gesichtspunkte gewichtige Trümpfe ausspielen. Zum einen benötigt die Verarbeitung im Vergleich zu anderen Baustoffen nur sehr wenig fossile Energie. Darüber hinaus kann das im Holz abgelagerte CO2 nicht nur sinnvoll „entsorgt“ sprich verbaut werden, sondern neues CO2 der Atmosphäre durch Wiederaufforstung gebunden werden.
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde mit ungeheurem Aufwand die Erforschung eines Materials vorangetrieben: Stahl. Als leuchtendes Beispiel seiner Verwendung wurde der Eiffel Turm in Paris Symbol dieser neuen Technik. Heute gilt unter vielen Experten das im High-Tech Verfahren erstellte Expodach von Hannover als Wahrzeichen eines Jahrhunderts, das sich dem Holz zuwenden wird. Die Erforschung dieses Werkstoffes muss intensiviert werden, da noch immer ein riesiges Entwicklungspotential vorhanden ist. Unter Planern, Architekten und Bauherren besitzt Holz ein uneingeschränkt positives Image. Dennoch wurde in der Vergangenheit aus mangelnder Kenntnis seiner Eigenschaften zu wenig Holz im Bauwesen verwendet. Mit der Einführung der neuen europäischen Normen, in die auch die neuesten Kenntnisse über Belastungen im Grenzbereich einfließen, hat die Anwendung von Holz in vielerlei Hinsicht Fortschritte gemacht. Beispielsweise hat die Definition der charakteristischen Werte bei Bruch gezeigt, dass die heute noch in verschiedenen Ländern gültigen Kriterien für die visuelle Sortierung keine optimale Abschätzung der Zuverlässigkeit des Werkstoffes erlauben. Tatsächlich können die aufgrund solcher Kriterien definierten Eigenschaften 100 % bis 200 % von den effektiven Werten abweichen. Als Folge dieser breiten Streuung werden Sicherheitsfaktoren angenommen, die weit unter den charakteristischen Werten liegen, was unvermeidlich zu einer unwirtschaftlichen Verwendung in den höheren Holzqualitäten führt. Die Einführung von zerstörungsfreien Messmethoden, wie z.B. die Anwendung von Ultraschall, erlauben es jedoch, verschiedene Werte wie Elastizität und Bruch zuverlässig, reproduzierbar und mit einer viel höherer Genauigkeit zu bestimmen wie visuelle Sortiermethoden. Dadurch ist es möglich höherwertige Holzqualitäten mit besseren Eigenschaften zu definieren. Um eine wirtschaftliche Verwendung dieser Qualitäten zu gewährleisten, müssen die qualitativ hochwertigsten Hölzer in die stark beanspruchten Bereiche der Konstruktion eingebaut werden. Da die Anforderungen an Widerstand und Festigkeit von Fall zu Fall variieren, ist es möglich aus der Vielfältigkeit des Materials für jeden Verwendungszweck die wirtschaftlich und ästhetisch optimale Lösung zu finden.
Neue Techniken im Holzbau
Die Mehrverwendung von Holz im Bauwesen ist von der ingenieurmäßigen Weiterentwicklung des Materials Holz als tragender Baustoff abhängig, um den bescheidenen Anteil am gesamten Bauvolumen von etwa 1 % vielleicht auf 2-3 % anzuheben.
Die Kriterien der Entwicklung sind dabei, bessere Evaluierung der Qualität des Bauholzes, Erhöhung der Vielfalt und bessere Behandlung der Materialvarianten, Entwicklung neuer arbeitszeitsparender Verbindungsmitteltechniken, welche einen möglichst hohen Vorfertigungsgrad erlauben.
Zudem sind einmal quantitätsbezogene Techniken für Decken, Wände, Dächer des verdichteten Siedlungs- und Verwaltungsbaues auch im Verbund mit anderen Massivbaustoffen erforderlich. Als zweites sind die qualitätsbezogenen Hi-Tech Sonderkonstruktionen im Dach-, Hallen- und Brückenbau für die moderne Architektur eine wichtige Komponente, das Image des Baustoffes Holz zu verbessern und anderen Baustoffen konkurrenzfähig eine Alternative darzustellen. Die Chancen des Ingenieurholzbaues, und die Verwendung des Holzes als tragender Baustoff, ist von Qualitätskriterien abhängig. Die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Holz als Baustoff im Wettbewerb mit anderen Baustoffen ist dabei, wenn wir zu einer vermehrten Anwendung im Bauwesen gelangen wollen, das Wichtigste. Holz als Material für tragende Konstruktionen ist eine Initialzündung für weitere Holzverwendung im Ausbau.
Materialvarianten im Ingenieurholzbau
Alle Holz- und Holzwerkstoffe vom Rundholz, Kantholz, profiliertem Kantholz bis zum zusammengesetzten Verbundquerschnitt aus Brettern und Kanthölzern sowie Brettschichtholz, Furnierschichtholz, Sperrholz, als auch Furnierstreifenschichtholz, usw., insbesondere in Kombination mit anderen Materialien, sind zu entwickeln und einzusetzen, um eine Chance für Häuser, Geschossbauten, Türme, Brücken und Sonderbauwerke, insbesondere, für im Natur- und Denkmalschutz zu planende Gebäude.
Konstruktionen aus Rundholz, Kantholz und Profilholz
Der Einsatz von qualitativ hochwertigem Holz darf jedoch nicht das einzige Ziel bei Holzkonstruktionen sein. Es ist ebenso notwendig, den Gebrauch von Holz unter allen Gesichtspunkten zu fördern.
So ist ganz besonders der wirtschaftliche Gesichtspunkt bei der Verwendung von Rundholz, Kantholz und Profilholz bzw. durch Verbindungsmittel zusammengesetzte Massivholzquerschnitte in Baustellennähe zu erwähnen.
Konstruktionen aus Holz im Verbund mit Beton als Decken
Bei grösseren Spannweiten können durch Verbundsysteme hohe Wirtschaftlichkeit auch bei hohen Belastungen erreicht werden.
Holz wird dabei im Zug-, Beton im Druckbereich verwendet. So werden die verschiedenen Werkstoffe ihren Eigenschaften entsprechend optimal verwendet. Die Verbindung der beiden Komponenten erfolgt durch Kerven und nachziehbaren Schrauben. Entsprechend den verschiedenen Belastungen und ästhetischen Anforderungen können die Holzelemente aus unterschiedlichen Querschnitten wie Rundholz, Kantholz, Brettschichtholz, Furnierschichtholz etc. bestehen. So ist für Brücken der Einsatz von zweiseitig sägegestreiftem Rundholz denkbar, während für Decken Halbrundholz benutzt werden kann. Für schwer belastete Decken Brettschichtholzträger flachliegend als Flachdecke eingesetzt. Für sehr hohe Belastungen kann dieses Verfahren zusammen mit Brettschichtholz als Plattenbalken verwendet werden. Im Vergleich zu gängigen Systemen ist das Eigengewicht der Struktur deutlich niedriger, als im Vergleich zu Betonkonstruktionen.
Konstruktionen aus Holz im Verbund mit Glas und Glasfaser
Ein grosses Entwicklungsfeld für den Ingenieurholzbau ist die Verbundtechnik für Tragwerke wie Fassaden, Wände, Träger und Dächer.
Ein weiteres High-Tech-Material ist die Verstärkung von Holz und Holzwerkstoffen mit Glasfaser- oder auch Kohlefasergewebe. Die Beispiele aus dem Boots- und Flugzeugbau sind begeisternd.
Dabei sind die Verstärkungen sowohl für Verbindungsmittel als auch für Bauteile zu sehen und ergeben noch ungeahnte Möglichkeiten für den Ingenieurholzbau im Bauwesen.
Konstruktionen aus Holz als statisch räumliche Tragwerke
Stabsysteme wie Stabbündel, Türme, Raste und Schalen.
Um das Problem der hohen Streuung des Baustoffes Holz entgegen zu wirken sind statisch hochgradig unbestimmte Tragsysteme mit sog. sozialem Verhalten, d.h. die Schläue der Tragstruktur durch Lastumlagerungsvermögen, ist bereits in alten Holzkonstruktionen nachzuweisen.
Schlussfolgerung
Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft kann die Gesellschaft die ökologischen Herausforderungen nur dann bewältigen, wenn dem Wald ein wirtschaftlicher Wert zukommt, der es erlaubt, die Kosten für die nachhaltige Bewirtschaftung zu decken. Unsere Vorfahren pflanzten und schützten den Wald nicht nur aus einer altruistischen Gesinnung, sondern weil sie sich bewusst waren, dass er ihnen nicht nur Brennmaterial, sondern auch Bauholz liefert. Die ausgleichende Wirkung der Wälder auf klimatische Einflüsse sowie ihre Schutzfunktion müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Ausserdem übt der Wald soziale, ästhetische und kulturelle Funktionen aus, die nicht monetär abgegolten werden können. Die Verwendung von Holz im Bauwesen ist deshalb die einzige Chance, die Wälder der Welt zu retten, da deren Nutzung direkt zu ihrer Erhaltung und Verjüngung beiträgt. Der ausschliessliche Gebrauch von Holz zur Energieerzeugung kann diese Ziele allein nicht finanzieren.
Es ist deshalb zwingend erforderlich, die Forschung und Entwicklung im Gebiet Holz zu intensivieren. Parallel dazu muss die Ausbildung auf Diplom- und Nachdiplomstfefe verstärkt werden, um eine zeitnahe Umsetzung der Forschungsergebnisse und -entwicklungen in der Praxis zu ermöglichen. Das Holz muss seine privilegierte Stellung, die es einst innerhalb der Gesellschaft innehatte, zurückgewinnen. Dies soll jedoch nicht in nostalgischer Weise, durch Verherrlichung der traditionellen Konstruktionen, sondern durch deren Weiterentwicklung zu innovativen Konzepten verwirklicht werden. Durch die perfekte Übereinstimmung der Form mit der Funktion und eine sorgfältige Auswahl des Baumaterials muss den Anforderungen der modernen Architektur zu konkurrenzfähigen Bedingungen entsprochen werden.
Die Wahl von Holz ist nicht nur ein Beweis für Qualitätsarchitektur, sondern stellt einen konstruktiven Beitrag für die Erhaltung der Umwelt dar.
Interview Facunda Green AG mit Prof. Haller pdf




