Weit in den Osten, bis ins brandenburgische Senftenberg muss man dieses Jahr reisen, wenn man unseren Bau des Jahres 2014 einmal selbst gesehen haben will. Das landschaftsgestaltende Neubauprojekt für den Senftenberger Hafen überzeugte 17 Prozent der Leserinnen und Leser als bestes Projekt aller 50 Bau-der-Woche-Ausgaben des vergangenen Jahres. Was überrascht: Der Senftenberger Hafen ist dabei nicht Einzelgänger, denn auf den vorderen Rängen finden sich drei unserer im Jahr 2014 vorgestellten Landschafts-Projekte.
Senftenberg ist eine mittelgroße Stadt mit um die 27’000 Bewohnern. Über Jahrzehnte wurde hier, in den Förderbecken der Lausitz, Braunkohle im Tagebau abgebaut. Tagebau bedeutet Schmutz, Lärm und großflächiger Landschaftsverbrauch. Und so verwundert es nicht, dass in der kohlereichen Lausitz nach mehreren Jahrzehnten exzessivem Raubbaus gigantische Kraterbecken in der Landschaft zurückblieben. Das Sanierungskonzept sieht die Flutung der Becken vor. Sie sind zu riesig, um mit Füllmaterial zu arbeiten, und der Grundwasserhaushalt der Region ist dermaßen gestört, dass sie prompt mit saurem, giftigem Wasser volllaufen würden, käme man dem nicht mit der organisierten Flutung entgegen. So wuchs in den letzten Jahrzehnten (auch die DDR sanierte bereits mit Flutung) die große Lausitzer Seenlandschaft, ein Binnengewässer, das Erholungssuchende und Wassersportlerinnen anlockt.
Um dem aufkommenden Interesse entsprechen zu können, entstanden in den letzten Jahren mehrere Infrastrukturprojekte, zu denen auch der neue Senftenberger Hafen zählt. Eine verkehrstechnische Infrastruktur mit Liegeplätzen, Fahrgastschiffanleger, Tankstelle – und – «Seele» sollte es werden, wie Landschaftsarchitekt Carlo Becker vom Büro bgmr das Projekt umreißt. Dazu gehört im Westen des Hafens die 68 Meter lange Seebrücke, zugleich die Süd-West-Mole, die auf schwimmenden Stegelementen aus Stahlbeton ruht. Vereint in der «ARGE Stadthafen Senftenberg» fanden Architekten und Landschaftsarchitekten Wege, die geplante und geforderte Qualität der Anlage trotz Kostendruck zu erreichen. Oder, wie Carlo Becker es im Interview formulierte, habe der Auftraggeber «radikal dafür gesorgt, dass die ursprünglich kalkulierte Bausumme nicht überschritten» werde; ein «Mehr musste durch ein Weniger an Kosten immer ausgeglichen werden, die Qualität musste aber konstant bleiben» – wahrlich meist die Realität im heutigen Bauwesen. Großformatige Betonelemente, Holzdielen und Stahlwände formen den neuen Charme der Hafenanlage, die nun seit 2013 in Betrieb ist.
Artikel von Katinka Corts, german-architects emagazin
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