Mit einem visionären Konzept hat der englische Architekt John Pawson den fast 1000 Jahre alten Kirchenraum von St. Moritz umgestaltet. In minimalistischer Formensprache, bei der Licht das wichtigste Gestaltungselement ist, entstand ein Ort der Stille, der Sehnsucht und des Gebets inmitten einer reizüberuteten Umwelt.
„Ich bin begeistert von dem Blick, den man vom neuen Vorraum aus hat“, sagte Dekan Helmut Haug, Pfarrer von St. Moritz, bei einem Rundgang mit dem Architekten. Für ihn ist der Eingangsbereich ein wichtiger Ort, an dem die Menschen die vielen Sinnesreize, denen sie ausgesetzt sind, reduzieren können. St. Moritz, 1019 von Bischof Bruno als Stiftskirche gegründet, ist eine mittelalterliche Wegekirche, die nach Osten ausgerichtet ist. „Wenn man den Bau von Westen her betritt, erfährt man einen hohen und schmalen Raum, der einen klaren Weg vorgibt“, erklärte Haug. Würde man von der Seite eintreten, könne man weder Kirche noch Weg verstehen.
Deshalb seien die Nebeneingänge jetzt nicht mehr von außen zugänglich.
Ein Hauptanliegen des Architekten war, die Kraft und Dynamik zu verstärken, die den Betrachter nach vorne zum Christus Salvator zieht. Der auferstandene Heiland, der im 17. Jahrhundert vom Bildhauer Georg Petel geschaff en wurde, tritt der Gemeinde mit offenen Armen auf der obersten Stufe des in drei Abschnitten gestaffelten Chorraumes entgegen.
Hinter dieser Darstellung öffnet sich die zehn Meter tiefe Apsis als reiner Lichtraum, der ins Unendliche zu führen scheint. Zusammen mit den transparenten Onyxscheiben in den großen Fenstern entstand so eine Neuinterpretation des ehemaligen Hochaltars. Die Altarinsel wurde aus dem Chorbogen herausgenommen und in das Mittelschiff gesetzt. Um eine beruhigende Atmosphäre zu schaff en, hat Pawson, der Meister des Minimalismus genannt wird, mit Wiederholungen gearbeitet und nur wenige Materialien verwendet.
Der Boden, der Altar, der Ambo und der Tabernakel mit dem ewigen Licht sind aus dem gleichen portugiesischen Kalkstein. Chorgestühl, Kirchenbänke und die neue Fassung der großen Orgel bestehen aus dunklem Eichenholz. Es gibt keine sichtbaren Leuchtkörper nur eine indirekte Beleuchtung.
Die weißen Wände und Kuppeln beruhigen das Auge und inszenieren das Licht im Raum. Um künftig passenden Blumenschmuck arrangieren zu können, hat Mesner Martin Harvolk in einem Kurs die Blumensteckkunst Ikebana erlernt.
Wird kein Gottesdienst gefeiert, ist laut Haug der große, leere Altarblock ein Anhaltspunkt, ein Zeichen des Wartens und der Sehnsucht des Zwischen dem Altar und der Figur des Christus Salvator erhebt sich der Tabernakel mit einem integrierten Ewigen Licht im oberen abgesetzten Teil des Steins. Menschen nach geistlicher Speise und Stärkung auf seinem Lebensweg. „Aber St. Moritz ist keine gemütliche Kirche, denn die Farbe Weiß ist auch eine Herausforderung. Man wird auf die eigene Existenz zurückgeworfen und ist gefordert, über sich und das eigene Leben nachzudenken“, gibt er zu bedenken.
Die Taufkapelle, die zuvor als Raum für die Seelsorge gedient hatte, wurde wieder eingerichtet und in einem Durchbruch mit dem Kirchenraum verbunden. Darüber steht der heiligen Christophorus, ebenfalls von Petel geschaff en. Am Ende des nördlichen Seitenschiff s befi ndet sich die Kreuzkapelle mit dem Gekreuzigten aus dem 16. Jahrhundert. Den Abschluss des südlichen Seitenschiff s bildet die Marienkapelle mit der Silbermadonna. Die noch vorhandenen acht Apostelfi guren von Ehrgott Bernhard Bendel aus der ehemals barocken Kirche fanden in Nischen der Seitenschiffe ihren Platz und begleiten auf dem Weg nach vorne.
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Die Gesamtkosten für die Umgestaltung, die Sanierung der großen Orgel und die neue Chororgel belaufen sich auf 4,7 Millionen Euro. „Wir tragen eine Verantwortung für einen der ältesten Kirchenbauten Augsburgs: Die Neugestaltung von St. Moritz ist Respekt vor der komplexen Vergangenheit, aber auch Bekenntnis für die Zukunft der Kirche“, betont Haug.
Beitrag von Roswitha Mitulla in Das Ulrichsbistum
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